Der folgende Text stammt aus einem (vorläufigen) Flyer
der Stadt. Hier wird das Projekt „lebendige Hase“ geschildert, wobei es auch
um die Zukunft der Stauanlagen geht:
Entwicklungsprojekt „Lebendige Hase“
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Textvorlage
für Faltblatt anlässlich des historischen Haseufermarktes
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Die
Hase kann – wie so viele Flüsse und Bäche – auf eine wechselvolle
Geschichte zurück blicken. Und umgekehrt müsste die Geschichte der Stadt Osnabrück
neu geschrieben werden, würde es die Hase nicht geben. Flussgeschichte und
Stadtentwicklung sind untrennbar miteinander verbunden. Z.B.stellte die
Hase mit ihren ausgedehnten Sümpfen ursprünglich einen wirksamen Schutz für
die Stadt dar, war im frühen Mittelalter ein wichtiger Handelsweg für
friesische Händler und die Haseufer wurden im Schutz der Domburg gern als
Markt- und Handelsplatz genutzt. Das Hasewasser lieferte Energie für den
Antrieb von Korn- und Ölmühlen, später kam auch die Stromgewinnung hinzu.
Bis ins 19. Jahrhundert nahm die Hase für eine ständig wachsende
Bevölkerung das Abwasser auf – als dann im Industriezeitalter auch noch die
ungeklärten Abwässer aus Gasfabrik und Metallverarbeitung hinzukamen,
konnten nicht nur die Menschen es an der Hase vor Gestank nicht mehr
aushalten, sondern auch die Tiere in und auf der Hase wurden regelmäßig
vergiftet. Dennoch gab es an der Hase im Laufe der Jahre immer wieder
öffentlche Badeanstalten, die der Erholung der Osnabrücker Bevölkerung
dienten und auch die Kahnpartie auf der Hase durfte bei einem romantischen
Rendezvous nicht fehlen..
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Durch den Bau von
Schmutzwasserkanalisation und Kläranlagen und die ständige Optimierung
deren Reinigungsleistung wurde die Wasserqualität der Hase zwar wieder
verbessert, doch setzte der Bauboom der 60er und 70er Jahre der Hase als
Lebensraum für Tiere und Pflanzen besonders arg zu. Die Hase wurde
überbaut, um billigen Parkraum zu schaffen, Geschäftshäuser rückten an die
Stelle begrünter Ufer , Gewerbe- und Wohnsiedlungen zerstörten die Aue.
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Dennoch
erhält die Hase im Vergleich mit anderen Flüssen und Bächen eine
herausragende Bedeutung für den Flieißgewässerschutz in Niedersachsen , da sie
als Hauptgewässer des Niedersächsischen Fließgewässerschutzsystems von der
Quelle bei Wellingholzhausen bis zur Mündung in die Ems bei Meppen wieder
in einen naturnahen Zustand versetzt werden soll.
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Dass sich das lohnt, zeigt die Tatsache, dass
selbst in der Stadt Osnabrück trotz aller massiven Eingriffe noch etwa 20
Fischarten vorkommen. Hasel, Aal, Rotauge, Barsch oder vereinzelt mal eine
Bachforelle sind bei Untersuchungen zum Osnabrücker Fließgewässerkataster
gefunden worden. Und ganz überraschend für die Experten konnte ein großes
Vorkommen des Europa-weit geschützten Steinbeißers zwischen
Schellenbergbrücke und Neuer Mühle entdeckt werden. In den
Nebenbäche der Hase, die zu einem intakten Fließgewässersystem gehören,
findet man dann auch Bachneunauge, Mühlkoppe (Groppe) und auch so genannte
„Rote Liste Arten“ wie das Moderlieschen. Und wer weiß schon, dass es
Süßwassermuscheln und Krebse in städtischen Fließgewässern gibt?
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Viele
der Hasefische sind jedoch nicht hier geboren sondern sind sogenannte
Besatzfische, die die Anglerverbände ausgesetzt haben. Denn ein Problem
stellt sich trotz der Verbesserung der Wasserqualität nach wie vor:.
Mühlenwehre und Stauanlagen mit zum Teil beträchtlichen Abstürzen und
Rückstaubereichen stellen für Fische, deren Wanderung flussauf- und
–abwärts zum natürlichen Lebenszyklus gehört, unüberwindbare Hindernisse
dar. Beispielsweise steht der eigentlich so unempfindliche Aal, der auf
eine Entwicklungsgeschichte von stolzen 70 Mio. Jahren zurückblicken kann,
in Europa kurz vor dem Aussterben, u.a. deshalb, weil die in der fernen
Sagassosee geschlüpften Jungtiere nicht mehr in unsere Flüsse aufsteigen
können, um sich dort zu fortpflanzungsfähigen Fischen zu entwickeln.
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Die
Europäische Wasserrahmenrichtlinie greift diese Problematik auf und
verpflichtet alle Mitgliedsstaaten bis zum Jahr 2015, den guten
ökologischen Zustand ihrer Fließgewässer u.a. durch die „Wiederherstellung
der ökologischen Durchgängigkeit“ zu erreichen. Um die Osnabrücker Hase
wieder barrierefrei zu machen, müssen u.a. das Wehr an der Neuen Mühle, an
der Pernickelmühle und an der ehemaligen Quirllsmühle – heute Papierfabrik
Ahlstrom – umgangen oder überwunden werden. Früher sorgten Umfluten für die
Passierbarkeit, heute müssen vielfach aus Platzmangel künstlich angelegte
Rampen oder Fischpässe diese Funktion erfüllen. Ob und wie das gelingen
kann, wird derzeit im Rahmen einer Machbarkeitsstudie geklärt, an der
sowohl Ingenieure als auch Biologen beteiligt sind. Doch eins ist schon
jetzt klar. Einfach wird es angesichts der vielen zu berücksichtigenden
Interessen und Belange wie Denkmalschutz, Hochwasserschutz,
Wasserkraftnutzung, Fischerei und Entnahmerechte nicht werden.
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