Vorgeschichte in der Universität: Umweltbildung

Als im Spätsommer des Jahres 1888 der Gärtner Hüsemann die Anlagen am Osnabrücker Gertrudenberg in Schuß brachte, cannabis gigantea, ricinus, zea japonica und pyrethrum aureum zum Gefallen der Osnabrücker Bürgerinnen und Bürger mit geschickter Hand stutzte, ahnte er sicher nicht, daß noch gut einhundert Jahre später jemand interessiert Notiz davon nehmen würde und daß seine gärtnerische Glanzleistung mit dem Eintrag in ein umwelthistorisches Archiv für die Stadt Osnabrück dauerhaft beweisbar blieb... Im Oktober 1988 gründeten wir das Projekt Natur und Umwelt in der Stadt Osnabrück (NUSO) im Fachbereich Erziehungs- und Kulturwissenschaften an der Osnabrücker Universität.

Wir – das waren in der ersten Besetzung: der Diplompädagoge Joachim Lahrmann, die Geographin Frauke Kruckemeyer, der Diplomsozialwirt Günter Terhalle, die Sekretärin Irmtraud Hindersmann und – als Initiator und Teamchef – der Erziehungswissenschaftler Dr. Gerhard Becker. Angetreten waren wir, um Grundlagen für eine umfassende Umweltbildung für allgemein- und berufsbildende Schulen und andere Bildungsbereiche zu lokalen stadtökologischen Themen zu schaffen. Um die Qualifikationen der Mitarbeiter optimal einzubinden, war der Projektansatz bewußt offen gehalten worden. Dabei zeigte sich, daß im Gegensatz zu den meisten naturwissenschaftlich-naturschützerisch geprägten Umweltvereinen und verbänden sowie umweltpädagogischen Konzepten die eher geistes- und sozialwissenschaftlich geprägte Orientierung von NUSO einen ganz neuen Ansatz hervorbrachte, nämlich die konfliktorientierte Aufarbeitung der Osnabrücker Umweltgeschichte, die dann auch neben vielem anderen (und für einige vielleicht auch Wichtigerem) auf die Spur jenes Mannes führen sollte, der dem Gertrudenberg vor hundert Jahren gärtnerische Pracht verlieh.

Spurensuche und Grundlagenarbeit

Das war am Anfang aber noch gar nicht so klar und schon gar nicht die festgelegte Vorgehensweise. Vielmehr versuchten wir zunächst verschiedene Zugänge zum Thema »Stadt und Natur« zu finden. Dabei ging es einerseits um die eigene Spurensuche. Mit kritischem Blick und griffbereiter Kamera durchstreiften wir die Stadt. Dabei kam uns das Wissen der erfahrenen und begeisterten Spurenleserin Frauke Kruckemeyer zugute, die allerhand Aufschlußreiches über spontanes und geplantes Stadtgrün sagen konnte und mit ihren gekonnt begründeten Rückschlüssen auf die unterschiedlichen sozialen Verhältnisse in den einzelnen Osnabrücker Stadtteilen verblüffte. Sie schickt mittlerweile in Frankfurt die Studenten durch die Botanik...

Andererseits beschäftigten wir uns mit theoretischer Grundlagenarbeit. Welche Charakteristika zeichneten die Entwicklung der Städte von den Anfängen bis heute aus? Wie hatte sich das Verhältnis von Stadt und Natur geschichtlich entwickelt? Wie konnte es zu dem historischen Mißverständnis kommen, Stadt und Natur bildeten einen unüberbrückbaren Widerspruch? Wie könnte eine zukunftsfähige, ökologisch orientierte Stadtentwicklung aussehen? Wie könnte es gelingen, die Menschen an der Entwicklung einer lebenswerten urbanen Umwelt zu beteiligen? – Zweifelsohne Fragen von großem politischen und pädagogischen Interesse...

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